Schleiereulen und Turmfalken auf dem Rückzug

Artenreiches Grünland fehlt / NABU ruft dazu auf, den Eulen über den Winter zu helfen


Vorsichtig wird die Leiter an die Nisthilfe gelehnt. Es geht hinauf, noch ist kein Kratzen der Jungen zu hören, aber das muss nichts bedeuten. Nach dem Öffnen der Rückwand ist es jedoch Gewissheit, dass auch in diesem Schleiereulenkasten keine Eule brütet. Staubige Gewölle liegen im Kasten, ein paar Federn zeugen von der Brut vergangener Jahre.


Turmfalken. - Foto: Kathy Büscher
Turmfalken. - Foto: Kathy Büscher

Viele der Nisthilfen sind auch in diesem Jahr leer geblieben. Nachdem sich die Bestände im vergangenen Jahr auf einem niedrigen Niveau erholt hatten, sieht es diesmal ziemlich düster aus: „Nicht allein der Kälteeinbruch im Frühling hat den Eulen zugesetzt“, weiß Nick Büscher, Vorsitzender der NABU-Gruppe Rinteln. Die zunehmende Vermaisung der Landschaft sowie das Fehlen von artenreichem Grünland führen dazu, dass sich die auf die Mäusejagd spezialisierten Schleiereulen auf dem Rückzug befinden. „Es mangelt an Jagdhabitaten mit kurzwachsenden Pflanzen, um die Mäusejagd zu ermöglichen“, weiß Büscher. Die intensive Bewirtschaftung in der Landwirtschaft wirkt sich unmittelbar auf die heimische Artenvielfalt aus, wovon neben der Schleiereulen weitere Arten betroffen sind. „Insbesondere die Feld- und Wiesenvögel wie die Feldlerche gehen in ihren Beständen zurück“, wie Büscher erläutert. Um eine weitere Schädigung der Artenvielfalt zu verhindern, sei ein Umdenken notwendig: der Erhalt von Ackerrandstreifen, artenreichem Grünland sowie niedrigwachsende Alternativen zur Energiepflanze Mais sind laut NABU notwendig.


Turmfalken. - Foto: Kathy Büscher
Turmfalken. - Foto: Kathy Büscher

Seit vielen Jahren führt der NABU die Zählung der Bruten in den mehr als 50 Nisthilfen in und um Rinteln durch, die für das Internationale Greifvogel¬monitoring zur Verfügung gestellt werden. Dieses Monitoring liefert Erkenntnisse über die Bestands- und Brutentwicklung, um gezielt Artenschutzmaßnahmen einleiten zu können. Und selbst die Turmfalken, welche die Nisthilfen für sich in den letzten Jahren entdeckt haben, brüten nicht mehr so häufig: „Wir haben in diesem Jahr insgesamt nur wenige Bruten zu verzeichnen – auch Turmfalken sind auf Grünland angewiesen und blicken in eine ungewisse Zukunft“, wie Büscher erläutert. Nach der Brutkontrolle 2013 zeigt sich, dass die Turmfalken trotz ihres Rückgangs zahlenmäßig die Sieger der Brutperiode sind: Es wurde eine einzige Schleiereulenbrut mit sieben Jungtieren gezählt, denen gerade einmal vier Turmfalkenbruten mit 14 Jungen gegenüberstehen. In einem Eulenkasten brüteten Waldkäuze, die drei Jungtiere großgezogen haben.


Turmfalken. - Foto: Kathy Büscher
Turmfalken. - Foto: Kathy Büscher

Es ist höchste Zeit, der Schleiereule vor dem nächsten Winter unter die Flügel zu greifen: Die Rintelner Naturschützer rufen insbesondere Landwirte und Scheunenbesitzer dazu auf, ihre Gebäude für die Schleiereule im Winter zu öffnen. Der Grund ist denkbar einfach: Der ‚Kulturfolger‘ Schleiereule benötigt bei anhaltender Schneedecke insbesondere Kirchtürme, Scheunen und Stallungen zur Mäusejagd. Da vielerorts Gebäude verschlossen werden, ist der heimischen Eule der Zugang und somit die möglicherweise einzige Nahrungsquelle verwehrt. „Gezielte Unterstützung kann dazu beitragen, dass unsere Schleiereule besser über den nächsten Winter kommt“, appelliert Büscher. Nur kontinuierlichen Artenschutzmaßnahmen sei es bisher zu verdanken, dass die Schleiereulenbestände nicht gänzlich eingebrochen sind.