"Also mir schmeckt Kormoran-Brust auch nicht!"

Ein Abend für den Kormoran in Rinteln mit Vortrag und Diskussion / Verena Lutz (WDR) diskutiert mit Experten über den Vogel des Jahres 2010


Verena Lutz eröffnet die Diskussion. - Foto: Kathy Büscher
Verena Lutz eröffnet die Diskussion. - Foto: Kathy Büscher

Im verschneiten Prinzenhof in Rinteln brannte an diesem Freitagabend noch sehr lange das Licht. Draußen fiel gemächlich der Schnee, während unter dem Dach des imposanten Fachwerkgebäudes der Weserrenaissance sachlich und angeregt diskutiert wurde. Anlässlich der Wahl des Kormorans zum Vogel des Jahres 2010 lud die NABU-Gruppe Rinteln am 12. Februar 2010 zu einem Abend für den Kormoran ein. Zu dieser Veranstaltung fanden sich trotz der widrigen Wetterbedingungen weit über 50 Zuhörerinnen und Zuhörer ein, die sich für den schwarzen gefiederten Wasservogel interessierten.


„Ich weiß, dass die Wahl des Kormorans zum Vogel des Jahres nicht unumstritten ist und hoffe, dass dieser Abend einen Beitrag dazu leisten kann, eine sachliche Diskussion anzustoßen“, so Nick Büscher, 1. Vorsitzender des NABU Rinteln, in seiner Begrüßung. In diesem Sinne führte der Ornithologe Bernd-Olaf Flore mit einem Impulsvortrag als „Stein des Anstoßes“ über die Lebensweise des Kormorans und die Bestandsentwicklung in Niedersachsen in das Thema ein und stellte seinen Vortrag bewusst unter das Motto: „Fakten, Fakten, Fakten!“ Leider, so räumte Flore ein, fehle es bei den politischen Entscheidungsträgern oftmals an der notwendigen Orientierung am Datenmaterial und die Sachorientierung bleibe ein Lippenbekenntnis.


Thema des Abends: Der Kormoran. - Foto: Kathy Büscher
Thema des Abends: Der Kormoran. - Foto: Kathy Büscher

Er räumte sogleich mit dem weit verbreiteten Vorurteil auf, dass der Kormoran keine einheimische Art sei. Dem widersprechend gibt es belegbare Beweise für Vorkommen des Kormorans in Deutschland, die bis in die letzte Eiszeit zurückführen. Jedoch nahmen seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Zahl der Kormorane in Deutschland dramatisch ab, was insbesondere auf anthropogene (menschengemachte) Einflüsse zurückzuführen ist. „Die Menschen betrachteten den fischfressenden Kormoran als Nahrungskonkurrenten und verfolgten ihn dementsprechend mit großer Vehemenz“, so der Kormoranexperte aus Osnabrück. In Niedersachsen ist er bis zum Jahr 1958 sogar während der Brutzeit gnadenlos verfolgt worden. Hier wurde die Zahl der Brutpaare von 83 bis auf null reduziert. Erst in den 1970er hatte man sich im Rahmen der EG-Vogelschutzrichtlinie dazu durchringen können, den heimischen Wasservogel unter Schutz zu stellen, als er bereits fast ausgerottet war. Der koloniebildende Kormoran brütet auf hohen Bäumen in Gewässernähe.


Der Ornithologe Bernd-Olaf Flore führte mit einem Impulsvortrag in das Thema ein. - Foto: Kathy Büscher
Der Ornithologe Bernd-Olaf Flore führte mit einem Impulsvortrag in das Thema ein. - Foto: Kathy Büscher

Mittlerweile gibt es für fast jedes Bundesland in Deutschland eine eigene Kormoran-Verordnung. Als Grund für diese Regelungen wird die Bestandsregulierung des fischfressenden Wasservogels genannt. Sogar in EU-Vogelschutzgebieten werden die „Meerraben“ abgeschossen. Flore wurde deutlich: „Dies ist eine einzigartige Regelung, die es sonst in Europa kein zweites Mal gibt und womit die Bundesländer, die eine Kormoran-Verordnung erlassen haben, die dies zulässt, eindeutig Rechtsbruch begehen.“ Und Untersuchungen zeigen, dass sich die Abschüsse auf die Bestandsentwicklungen nicht erheblich auswirken. Denn der Kormoran kompensiert den Verlust an Individuen mit einer Erhöhung der Bruten, bis das für das Gebiet erträgliche Maximum an Tieren erreicht ist. In Bayern hat durch die erlassene Kormoranverordnung eine gnadenlose Verfolgung des Fischfressers begonnen. In einem Zeitraum von dreizehn Jahren sind hier 62 538 Kormorane geschossen worden. Trotzdem sind die Kormoranbestände währenddessen konstant geblieben, da der Kormoran diesen Verlust ausgleicht.


Bis zum Jahr 1993 stand der Kormoran in Deutschland auf der „Roten Liste“. Die erste Kormoranverordnung trat im Jahr 2002 in Kraft, im Jahr 2007 folgte die Verlängerung um weitere fünf Jahre. Als Begründung für diese Regelung wird angeführt, dass „den Wünschen von Fischereiverbänden gefolgt wird“. Eine Überarbeitung der Verordnung für das Jahr 2012 soll einige gravierende Änderungen beinhalten. Nächtliche Vergrämungsaktionen und Störungen sollen zugelassen werden. Davon wäre jedoch nicht nur der Kormoran, sondern auch viele weitere Vogelarten betroffen. Es sollen Laser zur Vergrämung eingesetzt werden dürfen. Außerdem soll der Radius von 10 Kilometer auf 30 Kilometer vergrößert werden, in dem Kormoran-Kolonien um Teichwirtschaften verhindert werden können.


Heinz Pyka (Landessportfischerverband Niedersachsen) berichtet über seine Erfahrungen. - Foto: Kathy Büscher
Heinz Pyka (Landessportfischerverband Niedersachsen) berichtet über seine Erfahrungen. - Foto: Kathy Büscher

Ein erhebliches Problem der Bejagung ist, dass in Deutschland viele Kormorane das relativ milde Klima schätzen und sich hier als Gastvögel niederlassen. Es werden also nicht nur deutsche, sondern auch fremdländische Tiere, viele davon aus Nord- und Osteuropa, bejagt. Vergleichbar ist diese Maßnahme mit der grausamen Singvogeljagd auf Malta, wo jedes Jahr Tausende von Durchzüglern und Wintergästen abgeschossen werden: „Zugespitzt ausgedrückt, begehen wir mit unserer Bejagung an vielen Kormoranen Zugvogelmord“, verdeutlicht Bernd-Olaf Flore. „Abhängig von der Witterung findet die Zeit der Nestbesetzung des Kormorans in der Zeit von Januar bis März statt. Laut Kormoranverordnung in Niedersachsen sind Abschüsse bis Ende März, also während der Brutzeit erlaubt! Untersuchungen zeigen, dass mehr als Dreiviertel aller Kormoranbruten von dieser Regelung betroffen sind, die bis Ende März brüten“, womit Flore verdeutlichte, dass man damit weit hinter den Standards der Jagdverordnungen zurückfällt, die eine Bejagung während der Brutzeit verbieten.


„Die Ausbreitung des Kormorans ist oftmals auch menschengemacht, da er durch die Veränderung der Landschaft extrem günstige Bedingungen schafft“, weiß Flore. Ein exemplarisches Beispiel ist der Alfsee in Osnabrück: In dem künstlich geschaffenen Gewässer werden Nährstoffe durch Einleitungen aus Kläranlagen eingetragen. Dies führt zu vermehrtem Algenwachstum, was wiederum ein erhöhtes Fischaufkommen zur Folge hat. Für Kormorane ideale Bedingungen, um diese ökologische Nische nutzen zu können.

 

Doch Angst vor einer massenweisen Ausbreitung braucht man nicht zu haben. Gut untersucht ist die Gastvogelzahl des Kormorans am Steinhuder Meer. Beobachtungen hierzu zeigen auf, dass es erhebliche Schwankungen der Kormoran-Bestände gibt. Es ist keine konstante Entwicklung zu verzeichnen, seit dem Jahr 2000 stagnieren die Gastvogel-Zahlen vielmehr. Dies ist eine Entwicklung, die sich in ähnlicher Weise bei der Entwicklung der in Niedersachsen brütenden Kormoranen nachverfolgen lässt und auch im europäischen Vergleich bestätigt wird: „Nach der Erhöhung der Brutvogelzahlen bis zur Mitte der 1990er Jahre erfolgte eine Deckelung der Kormoranbestände“, so Flore weiter. Durch das NLWKN werden in Niedersachsen die Kormoranbestände erhoben. Im Jahr 2009 wurden 1.400 Brutpaare in 28 großen Kolonien gezählt. Die eine Hälfte befindet sich an den Küsten, die andere Hälfte davon im Binnenland. Große Vorkommen sind am Dümmer See und im Wattenmeer vorhanden.


Egbert Schulz (Naturschutzbeauftragter des Landkreises Schaumburg) klärte über die Situation in Schaumburg auf. - Foto: Kathy Büscher
Egbert Schulz (Naturschutzbeauftragter des Landkreises Schaumburg) klärte über die Situation in Schaumburg auf. - Foto: Kathy Büscher

Entgegen anderer Behauptungen hat der Kormoran auch in der Tierwelt Feinde: Zu den natürlichen Feinden des Kormorans zählt in erster Linie der Seeadler, der die Nester plündert und auch die Nestlinge nicht verschont. Am Steinhuder Meer sind durch den wieder angesiedelten Seeadler die Kormoran-Brutpaare vertrieben worden. Da der Seeadler jedoch in seinem Bestand wiederum stark gefährdet ist, fehlt vielerorts der natürliche Feind. Ein weiterer Fressfeind des Kormorans ist der Waschbär, ein Einwanderer (Neozoa), der ebenso wie der Seeadler die Nester ausräubert.


In seinem Vortrag warb Flore schließlich dafür, sich weniger politisch über den Kormoran zu streiten, sondern vermehrt aktiv Maßnahmen zum Fischschutz zu leisten: „Der Gewässerschutz sowie dessen Renaturierung sind wichtig. Ein verbesserter Schutz der aquatischen Lebensräume schafft gute Voraussetzungen für Fische. Anzustreben sind ökologische Verbesserungen, wie die Ufergestaltung, die Verbesserung von Fluss- und Bachläufen sowie des Unterwasserbettes.“ Auch die Strukturierung durch Wasserpflanzen als Versteckmöglichkeit und die Fließgeschwindigkeit seien von großer Bedeutung, die Schaffung von Ruheräumen für Fische wirke sich positiv auf die Fischbestände aus.

 

Nach dem informativen Vortrag des Ornithologen fand eine Podiums-Diskussion statt. Die WDR-Moderatorin Verena Lutz führte gekonnt durch den Abend und griff verschiedene Aspekte der Diskussion um den Kormoran auf, so dass eine sachliche und engagierte Diskussion der unterschiedlichsten Akteure zustande kam. Neben Bernd-Olaf Flore als Kormoran-Experte waren Egbert Schulz (Naturschutzbeauftragter des Landkreises Schaumburg), Josef Voss (Bündnis 90 / Die Grünen) sowie Heinz Pyka ( Landessportfischerverband Niedersachsen) der Einladung des NABU nachgekommen, um über den umstrittenen Jahresvogel 2010 zu diskutieren.


Thomas Brandt weiß über die Situation am Steinhuder Meer bestens bescheid. - Foto: Kathy Büscher
Thomas Brandt weiß über die Situation am Steinhuder Meer bestens bescheid. - Foto: Kathy Büscher

Einigkeit herrschte in der Runde darüber, dass sich hartnäckig Vorurteile gegenüber dem Kormoran halten, die schon lange widerlegt seien: „Wissen Sie, man liest in den einschlägigen Foren der Angler- und Fischereiverbände allerhand Unwahrheiten, gegen die man gar nicht ankommt“, gab Heinz Pyka als Referent für Natur- und Umweltschutz im LSFV zu. Flore ergänzte: „Ich habe den Eindruck, dass es in vielen Fällen an der notwendigen Kenntnis der Statistiken liegt. Wir tauschen auch zu wenig vorhandene Daten aus, um ein realistisches Gesamtbild zu bekommen.“ Auf den Wettbewerb der Statistiken wollte sich Heinz Pyka hingegen nicht einlassen. Er appellierte dagegen an die Diskussionsrunde, sich nicht zu sehr auf den ornithologischen Streit einzulassen, ob der Kormoran heimisch ist oder nicht oder ob er viel Fisch frisst oder nicht. Pyka zeigte sich dabei durchaus pragmatisch: „Es gibt viele Arten, die sich bei uns einen Lebensraum erobert haben und das ist auch gut so. Auch der Kormoran gehört dazu. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, auch ich will den Kormoran nicht ausrotten, er gehört genauso nach Niedersachsen wie der Seeadler oder der Eisvogel. Nebenbei bemerkt: Also mir schmeckt Kormoran-Brust auch nicht!“ Pyka spielte damit auf die umstrittenen Pläne von Till Backhaus, Umweltminister in Mecklenburg-Vorpommern, an, der eine Großoffensive gegen den Kormoran angekündigt hatte und im Rahmen dessen auf dem Parlamentarischen Abend des Jagd- und Anglerverbandes im Schweriner Schloss „Kormoran-Brüstchen“ servieren ließ. Dennoch kritisierte Pyka die Jahresvogelwahl: „Es erschwert die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Anglern und Naturschützern, wenn der NABU den Kormoran zum Vogel des Jahres wählt. Ich bin als gewählter Vertreter meinen Mitgliedern verpflichtet und komme in Erklärungsnot, wenn ich in Zukunft Projekte mit den Naturschützern vorantreiben will.“ Hätte man den Gänsesäger zum Vogel des Jahres gewählt, der auch Fisch fresse, aber nicht in den Massen wie der Kormoran, dann hätte es diese Empörung unter den Fischern und Anglern nicht gegeben, zeigte sich Pyka überzeugt.


Der Ornithologe konterte: „Da stellen Sie aber eine große Ausnahme in der Landschaft der Fischer- und Anglerlobbyisten dar! Das Bespiel aus Mecklenburg-Vorpommern zeigt ganz deutlich, dass die Jagdverbände, die Fischer- und Anglervereine einen extrem großen Einfluss auf die Politik haben.“ Es fehle oftmals an fachlicher Kenntnis und man sei schnell dabei, einen Schuldigen zu suchen, wenn die Fischbestände zurückgehen. „Dabei schaffen wir selbst die besten Bedingungen für die Kormorane, die holen sich den Fisch, den sie kriegen können. Unsere Gewässer sind wahre Imbissbuden für die fischfressenden Vögel!“ Doch die Zusammenhänge innerhalb der Flüsse und Seen seien kompliziert, sie müssten richtig erkannt und ausgewertet werden: „Gewässer sind wahre Black-Boxen. Wir wissen nicht, was da passiert“, erläutert Bernd-Olaf Flore dazu. Darüber hinaus sei es vorderhand die Gewässerqualität, die darüber entscheide, wie gut sich Fischbestände in einem Gewässer halten können, da wurden bislang keine kausalen Zusammenhänge zwischen Kormoran- und Fischbestand nachgewiesen. Heinz Pyka berief sich auf seine jahrelange Erfahrung mit der Fischkartierung : „Die Gewässergüte hat sich enorm verbessert, daran kann es meines Erachtens nicht liegen. Wir kartieren jetzt Fischarten, wo wir gar nicht wussten, dass es diese überhaupt noch gibt.“ Überhaupt ärgere ihn die Unterscheidung zwischen Edelfischen und den angeblich minderwertigen, kleinen Fischarten wie Brachsen und Rotaugen , die der Kormoran auf seinem Speiseplan bevorzugt: „Wer entscheidet denn, dass ein Weißfisch weniger schützenswert ist als ein Aal?!“ Provokant fragte Pyka in die Runde des Publikums: „Jeder kennt den Vogel des Jahres – aber wer kennt denn den Fisch des Jahres?“ Als in der Diskussion die Situation des Kormorans in Rinteln zur Sprache kam, wartete Egbert Schulz mit dramatischen Zahlen auf: „Im Landkreis Schaumburg wurden für das Jahr 2007 ganze 53 Kormoranabschüsse, für 2009 insgesamt 53 Tötungen angegeben.“ Die meisten davon fanden in Rinteln statt, da sich dort die einzige Brutkolonie des Kormorans vorhanden sei, so Schulz. Ihm war auf Nachfrage der Moderatorin auch der Umstand bekannt, dass an den Engerschen Kiesteichen in unmittelbarer Nähe der Weser illegal die Brutbäume der Kormorane gefällt worden sind. „Bedauerlicherweise greifen die Menschen immer öfter zur Kettensäge, um Tatsachen zu schaffen“, so der Naturschutzbeauftragte des Landkreises. Joseph Voss, Mitarbeiter der niedersächsischen Landtagsfraktion ergänzte: „Die Politik verfehlt hier ganz klar ihre Aufgabe als Verantwortungsträger und geht mit schlechtem Beispiel voran, wenn eine geschützte Tierart bejagt wird. Unsichere und unhaltbare gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen letztendlich Grauzonen für Gesetzesbrüche.“ Die Lobby der Fischer und Angler habe einen großen Einfluss, so Voss weiter. Egbert Schulz wurde deutlich, als es um das fehlende Augenmaß ging und sprach sich klar gegen die sich zur Zeit in der Novellierung befindende niedersächsische Kormoran-Verordnung aus: „Man muss ganz klar unterscheiden zwischen denjenigen, die berufsmäßig die Fischerei betreiben und denen, die das Angeln als Sport ausführen. Es ist meines Erachtens nicht gerechtfertigt, wenn dem Ansinnen von Menschen, die aus einem Hobby heraus und dem bloßen Spaß am Fangen und Töten von Fischen das Angeln betreiben, einen derartigen Druck auf die politischen Entscheidungsträger ausüben können, dass ihnen und ihren in der Kormoran-Verordnung vollständig Rechnung getragen wird.“ Die Möglichkeiten der Vergrämung durch Netze und Klangattrappen seien nicht ausgereizt worden, vielmehr setze man nur auf den Abschuss der Tiere, was viel zu kurz greife und das Problem keinesfalls löse.


Josef Voss (Bündnis 90 / Die Grünen) erläutert die politische Situation. - Foto: Kathy Büscher
Josef Voss (Bündnis 90 / Die Grünen) erläutert die politische Situation. - Foto: Kathy Büscher

„Denn Regelungen können nicht plakativ für alle Lebensräume des Kormorans getroffen werden. Eine Einzelfallregelung ist hier angebracht“, so Voss. Das Problem hierbei sei jedoch, dass dort, wo kein Kläger, auch kein Richter sei und daher die Notwendigkeit bestünde, die Stimme für den Kormoran zu erheben. Der schwarze Wasservogel könne sich schlecht gegen die bestehende Kormoran-Verordnung wehren, die seine Verfolgung legitimiert, so Voss weiter. Einigkeit herrschte auch darüber, dass man in Zukunft mehr aufeinander zugehen müsse und an einem Tisch über sinnvolle Lösungen beraten müsse. Nach der langen und intensiven Diskussion waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer einig, dass die bestehende Kormoran-Verordnung in Niedersachsen nicht nur überflüssig, sondern sogar kontraproduktiv ist und dringend Handlungsbedarf besteht, um das notwendige Augenmaß zu bewahren.


Eine Chance für den Kormoran? Die engagierte Diskussion endete mit einem Hörspiel des WDR, das in Form einer Gerichtsverhandlung das Für und Wider gegen den Angeklagten „Meerraben“ zur Sprache brachte und schließlich selbst kein Urteil fällte, sondern dies sinnigerweise an die Hörerinnen und Hörer als Schöffen übergab: Die Kormoran-Diskussion scheint mehr eine gesellschaftliche oder umweltethische Frage zu sein als eine rechtliche. Wie viel Kormoran ertragen wir? Welchen Stellenwert hat die Berufs- und Sportfischerei in unserer Gesellschaft? Halten wir es für gerechtfertigt, wegen vermeintlicher oder tatsächlicher Schäden einen Vogel zum Abschuss freizugeben? Oder sind wir kompromissbereit? Vielleicht ist die Wahl des Kormorans ein Anlass, darüber nachzudenken.