NABU fordert Vorrangflächen für den Naturschutz

Windkraftanlagen in Goldbeck naturschutzfachlich nicht akzeptabel / Umweltschutz nicht gegen Artenschutz ausspielen


Naturschutz und Umweltschutz sollten keinen Gegensatz darstellen, sondern Hand in Hand gehen – aus diesem Grunde wirbt die NABU-Gruppe Rinteln für einen naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Anlässlich des WGS-Antrages als „Anstoß zu einer Neuorientierung der Kreispolitik zur Windenergienutzung in Wäldern“ sieht der Naturschutzbund die Gefahr, dass der Artenschutz gegen den Umweltschutz ausgespielt werden soll: „Der Klimaschutz und die Beendigung der Risikotechnologie Atomkraft erfordern eine Energiewende“, so Nick Büscher, 1. Vorsitzender des NABU Rinteln. Der Erhalt der biologischen Vielfalt und der Ausbau erneuerbarer Energien müssten jedoch gleichrangige Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sein.


Blick über die Landschaft in Goldbeck. - Foto: Kathy Büscher
Blick über die Landschaft in Goldbeck. - Foto: Kathy Büscher

Ob mit dem Antrag der WGS-Fraktion für die kommende Ratssitzung der richtige „Anstoß“ gegeben wird, ist für die Rintelner Naturschützer mehr als fraglich: „Es kann nicht sein, dass Windkraftanlagen vermehrt in solchen Waldgebieten aufgestellt werden, die für den Schutz von Schwarzstorch, Rotmilan und Fledermäusen von großer Bedeutung sind“, so Büscher weiter. Da es in Rinteln nun kein Vorranggebiet für Windkraft gibt, fordert der NABU im Umkehrschluss Vorrangflächen für den Erhalt der heimischen Biodiversität, um wertvolle Lebensräume nachhaltig zu schützen: „Naturschutz ist praktizierter Heimatschutz“, bekräftigt Büscher und betont, dass dieser den Nachhaltigkeitszielen Klimaschutz und Erhalt der biologischen Vielfalt gleichsam gerecht werden müsse.


Die erneuerte Forderung, das Landschaftsschutzgebiet (LSG) Goldbeck teilweise zu löschen, um Windkraftanlagen zu ermöglichen, weist der NABU als naturschutzfachlich inakzeptabel zurück. Naturschutzfachlich habe sich die Sachlage in Goldbeck nicht verändert, so dass eine Teillöschung nicht in Frage komme. Seltene Waldvogelarten wie Rotmilan und Schwarzstorch, die im Bereich Goldbeck als Brutvögel vorkommen, werden durch Windkraftanlagen im Wald akut gefährdet. Grundsätzlich lassen sich zwei wesentliche Aspekte der Beeinträchtigung von Vogelbeständen durch Windenergieanlagen unterscheiden: Entweder Vögel meiden Windenergieanlagen und die umgebenden Lebensräume oder sie sind durch den Aufenthalt im Bereich der Rotoren einem Kollisionsrisiko ausgesetzt. Für den Bereich Goldbeck bedeutet dies laut Büscher, „dass das Risiko der Kollision mit Windenergieanlagen gegeben ist. Hiervon sind in erster Linie Großvögel wie Rotmilan und Schwarzstorch betroffen. Für Greifvögel ist ein mit der Höhe der Anlagen zunehmendes Kollisionsrisiko festzustellen.“ Auch besonders wertvolle Waldgebiete mit Altholzbeständen, historisch alte Wälder und Sonderstandorte wie Prozessschutzflächen (natürliche Waldentwicklung) müssen von der Windkraftnutzung weiterhin freigehalten werden.


Windrad mit dem Atomkraftwerk Grohnde im Hintergrund. - Foto: Kathy Büscher
Windrad mit dem Atomkraftwerk Grohnde im Hintergrund. - Foto: Kathy Büscher

Der Naturschutzbund plädiert für einen Ausbau der erneuerbaren Energien mit Augenmaß, wobei insbesondere der Erhalt der heimischen Biodiversität nicht vernachlässigt werden darf. Nachdem der Rat der Stadt Rinteln mit der Nichtausweisung eines Vorranggebietes für Windräder die Steuerungsrolle aus der Hand gegeben habe, bedürfe es nun der differenzierten und individuellen naturschutzfachlichen Einzelfallprüfung für die Errichtung von Windenergieanlagen. Dabei müsse es auch nach Fukushima noch „Windkraft-Tabuzonen“ geben, in denen der Artenschutz Vorrang vor jeder anderen Nutzung habe, wie Büscher bekräftigt: „Undifferenzierte Forderungen nach dem flächenmäßigen Ausbau der erneuerbaren Energien unter Ausblendung jedweder naturschutzfachlicher Belange ist mit dem Naturschutz nicht vertretbar.“ Der NABU als anerkannter Naturschutzverband werde sein Wächteramt für den Naturschutz wahrnehmen und im Zweifelsfall vom Verbandsklagerecht Gebrauch machen.


Überhaupt wird im politischen Diskurs das Thema „Klimaschutz durch Naturschutz“ aus der Sicht des NABU bislang vernachlässigt. Auch durch aktiven Biotopschutz lasse sich das Klima nachhaltig schützen: „Der Erhalt natürlicher CO2-Speicher unserer Feuchtgebiete – dazu gehören Torfe, Moore und Senken – sowie Programme zur Wiedervernässung leisten einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz und fördern zugleich die Biodiversität“, so Büscher. Wenige Zahlen machen die Bedeutung der Feuchtgebiete für den Klimaschutz augenfällig: „Während Moore, Senken und Torfböden etwa 3 % der Erdoberfläche ausmachen, speichern sie 550 Gigatonnen Kohlenstoff“, erläutert Büscher. Zum Vergleich: Die gesamte terrestrische pflanzliche Biomasse speichert schätzungsweise 600 Gigatonnen Kohlenstoff. Auch wenn es in Sachen Klimaschutz und Naturschutz nicht immer konfliktfrei bleiben kann, fordert der NABU für die gleichrangigen Ziele Klimaschutz und biologische Vielfalt ganzheitliche Lösungen, die keine ‚faulen‘ Kompromisse in Sachen Artenschutz zur Bedingung machen.