Rinteln. Berichte und Bildervorträge über ferne Länder wecken, ganz klar, die Reiselust der Zuschauer. Das ist auch bei der Cornwallnacht, die am Samstag vom Natur- und Umweltschutzbund (Nabu) im Prinzenhof veranstaltet wurde, nicht anders. Die vorgestellte Region, ganz im milden Südwesten Englands, mit ihren steilen Küsten, Sandbuchten, Gärten, ihren Hecken- und Heidelandschaften bezaubert ja auch in vielerlei Hinsicht.
Was jedoch den Abend mit dem vortragenden Reiseleiter Rüdiger Wohlers (ergänzt durch Märchenerzählungen seiner Frau Heike Neunaber) besonders macht, ist das entscheidende Gefühl am Ende: Denn dann möchte man nicht nur ganz dringend mal nach Cornwall fahren, sondern die Reise auch unbedingt mit Wohlers selbst unternehmen.
Dieses Bedürfnis wird zum einen durch Wohlers lebendigen Vortrag geweckt. Er versteht es sein geschichtliches, naturkundliches und kulturelles Wissen auf unterhaltsame und humorvolle Weise mit dem Publikum zu teilen. Da plaudert ein echter Cornwallkenner aus dem Nähkästchen. Seit Jahrzehnten pflegen die Eheleute intensive persönliche Kontakte nach Cornwall, das sie mittlerweile als ihr zweites Domizil bezeichnen. „Unter den Menschen dort herrscht eine andere Mentalität. Naturschutz wird großgeschrieben. Es gibt sehr viel Achtung für historisch Gewachsenes, wie zum Beispiel das Hecken- aber auch das Wegesystem“, beschreibt der Nabu-Bezirksgeschäftsführer seine Eindrücke.
„In England wird zudem der Wert des Gemeinwohls viel höher gehalten als bei uns. So hat der britische Verein „National Trust“, der Landschaften pflegt und historische Liegenschaften erhält, 4 Millionen Mitglieder. Von 60 Millionen Briten insgesamt. Ein unvorstellbar großer Anteil für deutsche Verhältnisse“, so Wohlers voller Hochachtung.
Dass die Engländer ein bisschen spinnen, aber natürlich auf sehr liebenswerte, sympathische Weise, wisse ja jeder Asterix-Leser. Und manche Beobachtung am „Lands End“, dem äußersten südwestlichen Zipfel Cornwalls, würde diese These untermauern. An diesem Punkt beginnt nämlich die klassische englische Tour für karitative Zwecke, „End-to-enders“. Die 874-Meilen-Strecke, die von Cornwall bis zum nordöstlichsten Punkt Britanniens, nach John O’Groats, führt, würde von Menschen mit den merkwürdigsten Fortbewegungsmitteln – es gilt ja Aufmerksamkeit zu erregen – in Angriff genommen. Die würden dann unterwegs für wohltätige Zwecke sammeln. Ob für den Tierschutz, den elektrischen Rollstuhl für den Nachbarn oder irgendwelche anderen Projekte, die Route hat schon beinahe alles gesehen. „Es hat sogar schon mal ein Mann die ganze Strecke rückwärts Purzelbaum schlagend zurückgelegt“, berichtet Wohlers den Zuhörern, die ungläubig die Köpfe schütteln.
Doch der Nabu-Experte hat nicht nur ein erklärtes Lieblingsland, sondern auch Lieblingsfeinde, nämlich Menschen, die Cornwall nicht mit der gebührenden Achtung begegnen. Mit immer wieder eingestreuten kleinen Seitenhieben nimmt er, sehr zum Vergnügen seines Publikums, andere Reiseveranstalter aufs Korn. Dass Cornwall derzeit so angesagt ist, habe nämlich auch unangenehme Begleiterscheinungen, so Wohlers. Da seien Veranstalter auf den lukrativen Zug gesprungen, die so einen „Wir klappern die Sehenswürdigkeiten im Eiltempo und ohne allzu viele Erklärungen ab“-Tourismus betrieben. „Aber für Cornwall muss man sich Zeit nehmen. Den durchwandert man im besten Falle“, meint der Kenner des Landes.
Auch die Grenzen für Individualtourismus in Cornwall werden von Wohlers aufgezeigt: „Wenn Sie das Land auf eigene Faust erkunden wollen, laufen Sie Gefahr, viele sehenswerte Ecken gar nicht erst zu finden“, warnt der Reiseleiter. So scheint es am Ende der Veranstaltung eigentlich nur einen Weg aus dem Dilemma zu geben: Man geht mit Rüdiger Wohlers auf große Tour. Zugegeben, es sind auch noch andere seriöse Anbieter auf dem Markt. Aber ob die auch so viel Spaß machen?
Autor: von Claudia Masthoff
Artikel aus der Schaumburger Zeitung vom 08.11.2015