Wer sich einen Begriff davon machen möchte, was naturverträglicher Hochwasserschutz bedeutet, der sollte in den nächsten Tagen die Auenlandschaft in Hohenrode besuchen. Die ergiebigen Regenfälle der vergangenen Wochen und das anhaltende Tauwetter hinterlassen derzeit eindrucksvolle Spuren in der Aue unweit der Weser.
Kürzlich konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer NABU-geführten Exkursion durch die Auenlandschaft selbst davon überzeugen. Dr. Nick Büscher, Vorsitzender der Rintelner Naturschützer, erläutert: „Der direkte Anschluss an die Weser, der auch nach Beendigung des Kiesabbaus erhalten bleiben wird, sorgt dafür, dass die erhöhten Pegelstände des Flusses direkte Auswirkungen auf den Wasserstand der Auenlandschaft haben und die Dynamik erhöhen.“ Dies sei ein direkter Beitrag zum Hochwasserschutz, da jeder Kubikmeter Wasser, der in den Teichen Platz finde, Entlastung für den an anderer Stelle mittlerweile recht eingeengten Fluss bedeute.
Eindrucksvoll ist das ungewohnte Bild ohnehin, das die wilde Auenlandschaft derzeit von sich zeigt: Die Teiche sind prall gefüllt mit Wasser, der Wind peitscht die Wellen auf und lässt sie an den Steilhängen brechen und überflutet Bereiche, die ansonsten trockenen Fußes erreichbar sind. „Mittlerweile ist der Rundweg nicht mehr begehbar und auch der Stichweg wird bei einem höherem Wasserstand überspült. Die Auenlandschaft zeigt derzeit ihr wildes Gesicht“, wie Dr. Büscher betont. Der Besuch der Auenlandschaft wird so zu einem kleinen Abenteuer, da man sich derzeit nicht gewiss sein kann, welche Wege noch begehbar sind.
Was jedoch jedem anderen Grundstückseigentümer Sorgen bereiten würde, erfreut die Naturschützer: „Genau diese Dynamik brauchen wir in der Auenlandschaft.“ Nichtsdestotrotz hat der NABU Rinteln vorgesorgt und zum Jahresende die Stromversorgung der Weidezaunanlagen hochwassersicher eingelagert. „Und die Weidezäune selbst sind robust gebaut, sodass sie auch einem länger andauernden Hochwasser standhalten“, so Dr. Büscher. Das Hochwasser sorgt indes dafür, dass die Kiesbänke der Flutmulde überspült werden und Steilabbrüche entstehen, Eisvögel und Uferschwalben finden dort einen neuen Lebensraum.“ Auch die flache Insel, die mittlerweile vollkommen unter Wasser steht, dient zahlreichen Watvögeln mit ihren schlammigen, offenen Flächen als wichtige Nahrungsquelle.
Und es tummeln sich zahlreiche Wintergäste in der Auenlandschaft in Hohenrode: Hunderte Graugänse nutzen die Teiche als Rastgebiet, auch Kormorane und die scheuen Schellenten. „Sogar Zwerg- und Gänsesäger zählen zu den gern gesehenen Gästen in der Auenlandschaft“, wie Dr. Büscher betont. Die Ruhe und Ungestörtheit der Teiche in der Weserschleife stellt ein wichtiges Rückzugsgebiet dar. Ganz zu schweigen von den Seeadlern, welche die Teiche ganzjährig zur Nahrungssuche nutzen. Ein Besuch der Auenlandschaft lohnt sich besonders, da sie sich derzeit von ihrer ungestümen, wilden Seite zeigt.