Die K 80 durch den Möllenbecker Wald muss weg!

Naturschützer appellieren an die Landkreispolitik, auch weitere Straßen aufzugeben / K 72 als eine der potenziellen Einsparmöglichkeiten


K 80 durch den Möllenbecker Wald. - Foto: Kathy Büscher
K 80 durch den Möllenbecker Wald. - Foto: Kathy Büscher

Zurzeit zeigen zahlreiche Baustellen, wie unterhaltungsintensiv der Erhalt von Straßen ist. Was man nicht sieht, das sind die enormen Kosten. Laut DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) kosten Planung, Bau und Erhalt der Straßen in Deutschland jährlich 17 Milliarden Euro, wovon auf Bundesfernstraßen 5,63 Milliarden Euro, auf Landes- und Kreisstraßen 2,06 Milliarden Euro und auf die Kommunalstraßen ganze 8,06 Milliarden Euro entfallen. Bei den Kosten für den Erhalt der Bundesfernstraßen wurden mit 1,47 Milliarden Euro etwa 25 % des Gesamtkostenbedarfs für die Bundesfernstraßen ermittelt – für die Kreis- und Kommunalstraßen liegt der Kostenbedarf allein für den Unterhalt noch höher. Das paradoxe: Auch für den Neubau von Straßen werden jährlich viele Millionen Euro investiert, mit den Folgen, dass auch diese in Zukunft – noch mehr Kosten produzierend – unterhalten werden müssen.


K 72 - Weg zur Paschenburg. - Foto: Kathy Büscher
K 72 - Weg zur Paschenburg. - Foto: Kathy Büscher

Der Naturschutzbund Rinteln (NABU) fordert eine Abkehr von dieser Praxis und rät auch den Politikern im Landkreis Schaumburg, "im Kleinen" damit anzufangen, die Umkehr des Straßenbauwahnsinns einzuleiten. Prognosen zufolge werde die Bevölkerung nicht nur altern, sondern auch erheblich schrumpfen. Rinteln wird in etwa 20 Jahren weniger als 20.000 Einwohner haben (aktuell etwa 28.000), von denen aufgrund der sich verändernden Altersstruktur immer weniger Mitbürger Steuern zahlen werden. Die Naturschützer befürchten, dass die nachfolgenden Generationen somit „fast nur noch für Renten und den Straßenerhalt“ arbeiten gehen müssen. „Bei sinkender Bevölkerungszahl werden auch erheblich weniger Straßen gebraucht", so Thomas Brandt und Nick Büscher, Vorsitzende der Rintelner NABU-Gruppe. „Und da es eine Reihe von Straßen gibt, die wenig frequentiert werden und dazu dem Naturschutz besonders abträglich sind, sollte man sich dringend gedanklich mit einem Rückbau beschäftigen.“ Ein Beispiel wäre nach Ansicht des NABU unabhängig vom anstehenden Sandabbau auch die K 80, die quer durch den Möllenbecker Wald führt und eine bedeutende Störungsquelle darstellt, weil sie jedes Jahr Tausenden von Tieren das Leben kostet. Auch für Ruhe suchende Spaziergänger sei die Straße am Wochenende eine Katastrophe. Ein weiterer Straßenabschnitt, der dem NABU ein Dorn im Auge ist, ist die Teilstrecke der K 72 zwischen der Paschenburg und der L439. Diese führt auf dem Kamm des Wesergebirges nur durch den Wald. Bei der Schließung könne man die Paschenburg immer noch von zwei Seiten erreichen und gleichzeitig den Bergkamm für Wanderer und Spaziergänger attraktiver gestalten. Davon dürfte auch die dortige Gastronomie profitieren. „So wenig frequentierte Straßen sind nicht nur unnötig teuer bei der Instandsetzung, sondern verursachen außerdem hohe Kosten bei der Winterräumung!“ meint Thomas Brandt, stellvertretender Vorsitzender des NABU Rinteln.


Auch wenn die Schließung einzelner Straßen für den ein oder anderen kleinere Umwege bedeutete, sei die Ökobilanz von Straßenschließungen positiv, weil die Unterhaltung als extrem energieaufwändig gelte, so der NABU. Außerdem fordert der NABU den sofortigen Stopp der Asphaltierung von Feldwegen. „Wer soll das noch bezahlen? Schon heute fließt immer wieder der Großteil europäischer Förderprogramme in den Ausbau von Feldwegen, während Sozial- und Umweltetats zurückgeschraubt werden. Dabei ist der Feldwegeausbau nichts anderes als eine versteckte zusätzliche Agrarsubvention“, so Büscher.


K 72 - Weg zur Paschenburg. - Foto: Kathy Büscher
K 72 - Weg zur Paschenburg. - Foto: Kathy Büscher

Anlässlich der teilweise vehement-polemischen Kritik in Presse, Internet und E-Mail stellt die NABU-Gruppe Rinteln Folgendes klar:

 

Der Naturschutzbund begrüßt es, eine Diskussionangestoßen zu haben, wie man den Pressestimmen der vergangenen Tage entnehmen kann. Nicht einverstanden ist der NABU jedoch mit der Darstellung, dass es sich hierbei um die Einzelmeinung eines Vorstandsmitgliedes handeln würde. Der gesamte Vorstand der NABU-Gruppe Rinteln und viele ehrenamtlich Aktive des NABU stehen hinter der Position des Vorstandes. Die NABU-Gruppe Rinteln freut sich über die Unterstützung des NABU-Landesverbandes in dieser Sache, es ist jedoch nicht notwendig, dass der Landesverband in jede Entscheidung der Vorstände der einzelnen NABU-Gruppen involviert ist. Davon abgesehen sind persönliche Angriffe gegen einzelne Mitglieder des Vorstandes wenig konstruktiv und helfen in der Sache nicht weiter.


Es geht um eine zugegebenermaßen unangenehme Diskussion, da der Rückbau von Straßen und Siedlungen für viele Menschen mit großen Umstellungen, aber angesichts der demografischen Entwicklung nicht zu verhindern sein wird. Es liegt dem NABU fern, die wirtschaftliche Existenz der Gastronomie auf der Paschenburg zu gefährden – es liegt jedoch zuallererst an den Kommunalpolitikern, ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten, das die Belange des Naturschutzes sowie die Interessen des Menschen miteinander in Einklang bringt. Straßen sind nicht nur teuer, sondern gefährden viele Wildtiere und durchschneiden Lebensräume – Es ist keinesfalls unverantwortlich, eine Diskussion über unnötige Straßen und versiegelte Bodenflächen anzuregen, sondern unverantwortlich, die Kosten für den Erhalt der vorhandenen Infrastruktur auf die zukünftigen Generationen abzuwälzen, indem man diese Diskussion einfach aussitzt.

 

Der NABU freut sich auf eine sachliche und konstruktive Diskussion mit Menschen, die sich ernsthaft mit der Frage, welche Straßen wir im Rintelner Raum wirklich noch brauchen, beschäftigen möchten!