Schleiereulen


Allgemeine Informationen

4 Wochen alte Schleiereule. - Foto: Kathy Büscher
4 Wochen alte Schleiereule. - Foto: Kathy Büscher

Die Schleiereule [Tyto alba] gehört zu der Familie der Schleier – und Maskeneulen (Tytonidae), neben der Familie der so genannten echten Eulen [Strigidae].

 

Umgangssprachlich wird die Schleiereule auch „Herzeule“ genannt, dies ist auf ihren herzförmigen Gesichtsschleier zurückzuführen.

 

Als Kulturfolger ist die Schleiereule eng an den Menschen und an seinen Lebensraum gebunden, der ihr optimale Brutplätze bietet und das Nahrungsangebot vergrößert. So erklären sich auch ihre zahlreichen Beinamen wie „Scheuneneule“ oder „Kircheneule“.

 

Die Schleiereule ist kosmopolitisch. Sie ist weltweit vertreten, da sie sehr anpassungsfähig ist. Nur in sehr kalten und wüstenähnlichen Gebieten ist sie nicht zu finden.

Schleiereulenkasten. - Foto: Kathy Büscher
Schleiereulenkasten. - Foto: Kathy Büscher

 

 

 

In Europa gibt es zwei heimische Unterarten, die Schleiereule mit ihrem hell gefärbtem Bauch [Tyto alba alba] und die mit ihrem etwas dunkler gefärbtem, tropfenähnlichem Gefieder [Tyto alba guttata].

 

Europaweit sind ungefähr 110 000 bis 120 000 Brutpaare zu verzeichnen, deutschlandweit sind es immerhin 11 000 bis 17 000 Brutpaare.


Aussehen und Verhalten

Die Schleiereule besitzt einen herzförmigen, weißen Gesichtsschleier, der ihr ermöglicht, Schallwellen zu sammeln und an die Ohröffnungen zu leiten. Die eigentümliche Gesichtsform der Schleiereule ist Ersatz für die Ohrfedern, wie sie beispielsweise der Uhu besitzt.

 

Der Schnabel ist kurz und hakenförmig, der Kopf ist sehr groß, besitzt jedoch nur sehr kleine, schwarze Augen, die nach starr vorne gerichtet sind. Im Gegensatz dazu ist sie in der Lage, ihren Kopf um bis zu 260 Grad zu drehen.

 

Die Flügel der Schleiereule sind abgerundet. Charakteristisch sind die hohen X-Beine, mit der sie sich auch im hohen Gras schnell fortbewegen kann. Mit ihren Greiffüßen und den scharfen Krallen fängt sie ihre Beute.

5 Eulenjunge - Flaumfedern vorhanden. - Foto: Nick Büscher
5 Eulenjunge - Flaumfedern vorhanden. - Foto: Nick Büscher

Das Gewicht einer Schleiereule beträgt ca. 350 Gramm, wobei das Weibchen etwas größer und schwerer als das Männchen ist. Die Körpergröße einer ausgewachsenen Schleiereule beträgt 33-39 cm, die Flügelspannweite bis zu 1 Meter.

 

Sie hat das beste Gehör unter allen heimischen Vogelarten und ist somit in der Lage, ihre Beute auch in völliger Dunkelheit zu orten. Zusätzlich hat der nachtaktive Vogel ein gutes Ortsgedächtnis, um sich zu orientieren.

Ihr Flug ist völlig geräuschlos, Ergebnis ihrer speziellen Federzähnung, und sie ist in der Lage, senkrecht nach oben zu fliegen und in der Luft anzuhalten.

 

Die Jagd findet in offenen Gebieten statt, die sich während der Brutzeit im Umkreis von ca. 1 km befinden. Bei der Beschaffung von Nahrung werden von der Schleiereulen zwei Techniken angewandt. Die Ansitzjagd charakterisiert sich dadurch, dass die Eule auf einer Warte sitzt und sich erst nach Ortung der Beute auf eben solche stürzt. Die Suchjagd ist die Jagdmethode, bei der Flächen systematisch nach Nahrung durchforstet werden. Dabei fliegt die Schleiereule dicht über dem Boden.

 

Leider ist die Schleiereule nicht in der Lage, Fettreserven zu speichern, was bedeutet, dass sie auf ein konstantes Nahrungsangebot angewiesen ist und Engpässe nur schwer ausgleichen kann.


Lebensraum und Nahrung

Die Schleiereule ist der heimliche Kulturfolger des Menschen. Das Leben in Menschennähe erschließt ihr ein größeres Brutplatz – und Nahrungsangebot. Bevorzugt leben diese Eulen in der landwirtschaftlich geprägten, offenen Kulturlandschaft. In Ställen und alten Gebäuden findet die Schleiereule ausreichende und sichere Nistplätze, die Dörfer und Gehöfte bieten ausreichend Nahrung. Dort findet auch die Jagd im Winter größtenteils statt, denn in Getreidespeichern sind auch im Winter Mäuse vorhanden und somit Beute für die Schleiereule.

 

Schleiereulen bevorzugen offenes Gelände mit einem hohen Grünlandanteil und angrenzenden Feuchtgebieten mit Hecken und Feldgehölzen. Sie sind nur sehr selten in reinen Waldgebieten zu finden und jagen überwiegend in niedriger Vegetation, wie es bei Grünland der Fall ist. In höherer Vegetation, wie beispielsweise auf Getreidefeldern, gestaltet sich der Beutefang schwieriger. Es sollten auch ausreichend Ansitzmöglichkeiten wie Pfähle und Solitärgehölze vorhanden sein.

Auch Turmfalken nutzen den Schleiereulenkasten. - Foto: Nick Büscher
Auch Turmfalken nutzen den Schleiereulenkasten. - Foto: Nick Büscher

 

 

 

Die Tageseinstände der Schleiereulen befinden sich überwiegend in dunklen Scheunen, wo sie vor Gefahren sicher sind und sich ausruhen können, ohne gestört zu werden. Dabei wird von dieser Eule jedoch nicht nur ein einziger Standort beflogen, sondern es stehen mehrere zur Verfügung, die ihr Schutz gewähren.

 

Die Nahrung besteht zu ca. 90 Prozent aus Mäusen. Gelegentlich stehen auch andere Kleinsäuger wie Vögel, Amphibien, Insekten und Reptilien auf ihrem Speiseplan. Die Schleiereule ist in der Lage, sich den regionalen Gegebenheiten anzupassen und auch andere Kleinsäuger, die zur Verfügung stehen, zu erbeuten.

 

Durch die Nahrungsaufnahme entstehen Gewölle, das sind unverdauliche Bestandteile wie Knochen und Haare, die hochgewürgt und ausgespieen werden. Der Mantel aus Mäusehaar hält die einzelnen unverdaulichen Knochenbestandteile fest umschlossen.


Balz, Brut und Aufzucht

Schleiereulen brüten häufig direkt in menschlichen Siedlungen. Sie nisten in Stallungen, Scheunen, Kirchtürmen und selbst auf Dachböden von Wohnhäusern. Die Eulen benötigen kein Nest, sondern können auf dem Boden brüten, auf Nistmaterial sind sie auch nicht angewiesen, eventuell benutzen sie vorhandenes, altes Gewölle.

 

Schleiereulen brüten in der Regel in den Zeiträumen Mai – Juni und August – September. Doch sie kann das ganze Jahr über brüten, die Schleiereule passt sich dabei an die Mäusepopulation an und hat damit eine einmalige Überlebenstaktik entwickelt. In Jahren mit einem reichen Nahrungsangebot sind sie in der Lage, bis zu dreimal zu brüten und große Gelege (10 Eier und mehr) zu erzeugen. In knappen Jahren kann es hingegen vorkommen, dass es keine Brut gibt. Das durchschnittliche Gelege umfasst etwa 4 bis 8 Eier.

 

Die Balz im Frühjahr wird mit dem Hochzeitsruf des Männchens eingeleitet, ein lautes Kreischen am potenziellen Brutort, mit dem das Männchen ein Weibchen locken will. In diesem Zeitraum sind die Schleiereulen sehr störungsempfindlich. Die Paarung findet meist an dem Standort statt, wo später auch die Brut aufgezogen wird.

Mäuse werden für den Nachwuchs auf Vorrat gesammelt. - Foto: Kathy Büscher
Mäuse werden für den Nachwuchs auf Vorrat gesammelt. - Foto: Kathy Büscher

Nach einem Monat legt das Weibchen die Eier in Abständen von 2 bis 3 Tagen und fängt auch zeitgleich mit dem Brüten an. Dies hat zur Folge, dass die Jungen unterschiedlich weit entwickelt sind. Es dauert ca. 32 Tage, bis das erste Junge schlüpft. Während der frühen Brutzeit kümmert sich das Männchen um die Nahrungsbeschaffung. Die Schleiereulen fangen ihre Mäuse auf Vorrat, sie verteilen die Beute im Nest um ihre Jungen herum. Das Weibchen hat einen eigenen Nahrungsbedarf von 2 bis 4 Mäusen pro Nacht, während die Jungen je nach Wachstumsfortschritt einen Nahrungsbedarf von 1- 3 Mäusen haben.

Nach einer Woche öffnen die Jungen der Schleiereulen ihre Augen. Wenn die Jungen 2 Wochen alt sind, fliegt auch das Weibchen über Nacht hinaus, um Nahrung zu suchen. Betteln die Jungen um Futter, sind ihre Laute ähnlich dem Schnarchen, das so genannte Bettelschnarchen. Die Eulenjungen erlangen nach ungefähr sechs Wochen das Gewicht der Altvögel und beginnen nach 55 bis 60 Tagen, flügge zu werden. Selbständig sind die jungen Schleiereulen im Alter von drei Monaten.


Gefährdung

Eine Schleiereule kann mehr als 20 Jahre alt werden. Doch in unserem Siedlungsraum wird sie selten mehr als vier Jahre alt. Dies ist auf die zahlreichen Gefährdungen des Menschen und ihrer Umwelt zurückzuführen.

 

Ein natürlicher Feind der Schleiereule ist der Steinmarder, der in der Lage ist, eine ganze Brut, und auch die Altvögel, zu vernichten, wenn Nistplätze nicht ausreichend vor dem Zugriff des Marders abgesichert sind.

 

Die Intensivierung der Landwirtschaft zerstört die natürlichen Lebensräume der Schleiereule, Hecken und Bäume werden entfernt, Jagdreviere werden unbrauchbar gemacht. Die offene, abwechslungsreiche Kulturlandschaft weicht den großen intensiv genutzten Ackerflächen. Das Nahrungsangebot wird dadurch deutlich reduziert. Da viele Landwirte Rodentizide zur Bekämpfung von Mäusen einsetzen, gelangt dieses Gift auch in den Nahrungskreislauf der Eule und führt zum Tod.

 

Deutliche Gefahren gehen vom Straßenverkehr und von Freilandleitungen aus. Die Schleiereulen gehen in Straßennähe auf Beutejagd und werden dadurch schnell zu Verkehropfern. Häufig werden sie im Tiefflug über die Straße von Fahrzeugen erfasst. Schilder und Begrenzungspfähle locken die Eulen zusätzlich an die Straßen, weil sie sich an den erhöhten Punkten niederlassen wollen.

 

Ein großer Feind der Schleiereule ist der Winter. Lange Frostperioden und eine geschlossene Schneedecke machen es ihr unmöglich, ihre Beute unter der Schneedecke zu orten. Jagdgebiete in Scheunen und auf Kornspeichern werden in diesen Zeiträumen überlebenswichtig.

Ungebetener Gast - Marder im Eulenkasten. - Foto: Nick Büscher
Ungebetener Gast - Marder im Eulenkasten. - Foto: Nick Büscher

Durch Renovierung und Sanierung von Gebäuden, durch Verschließung und Versiegelung der Euleneinfluglöcher und Beseitigung alter Scheunen wird das Brutplatzangebot für die Schleiereule massiv eingeschränkt. Auch viele Tageseinstände werden hierbei unbrauchbar. Die Schleiereule durch unzureichende Versteckmöglichkeiten für andere Tiere zu leichter Beute. Im Winter fehlen der Schleiereule die für sie wichtigen Rückzugs- und Jagdgebiete.


Schutz

Da die Schleiereule auf die Hilfe des Menschen angewiesen ist, um ihren Bestand dauerhaft zu sichern, ist es sinnvoll, Artenschutzmaßnahmen durchzuführen.

 

Durch das Anbringen von Nistkästen in geeigneter Umgebung (offene Kulturlandschaft mit viel Grünlandanteil) kann der Mensch sich an der Arterhaltung der Schleiereule beteiligen und Brutmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Die Kulturlandschaft, die für die Eulen von elementarer Bedeutung ist, sollte geschützt und erweitert werden.

 

Vorhandene Brutgelegenheiten müssen regelmäßig kontrolliert werden. Säuberungen müssen stattfinden, Reparaturen durchgeführt werden. Kästen müssen für natürliche Feinde (Steinmarder) unerreichbar sein.

Der Schutz und die Erhaltung schon vorhandener Brutplätze sollten nachhaltig gesichert und nicht zerstört werden.

 

Die Bevölkerung muss durch die Presse und weiterer Aktionen über das Leben und die Verhaltensweisen der Schleiereulen aufgeklärt werden, das Interesse der Bürger geweckt werden, um die Sensibilität für den Schutz der Schleiereule zu erhöhen.

 

Die Landwirte sollten konsequent auf den Einsatz von Mitteln der Schädlingsbekämpfung verzichten. Der natürliche Feind der Maus ist die Schleiereule.