Entdeckungen im Lebensraum aus zweiter Hand

NAJU besucht Steinbruch Liekwegen / Gelbbauchunke und ihr Lebensraum im Fokus


Behutsam werden ein paar Unken gefangen, um sie sich genauer anzusehen. - Foto: Britta Raabe
Behutsam werden ein paar Unken gefangen, um sie sich genauer anzusehen. - Foto: Britta Raabe

Im Landkreis Schaumburg gibt es derzeit zwei große Naturschutzprojekte, die Maßstäbe setzen und von überregionaler Bedeutung sind: Eines davon ist die Auenlandschaft Oberweser in Rinteln, die als größtes privates Naturschutzgebiet in Niedersachsen von überregionaler Bedeutung ist. Das andere ist das Gelbbauchunkenschutzprojekt des NABU-Kreisverband Schaumburg in Obernkirchen, das ein international beachtetes „Best-practice“-Beispiel für den Lebensraumschutz der an ihr nördlichste Verbreitungsgrenze in Europa gelangende Amphibienart ist.


Wie sieht der Lebensraum der schwarz-gelbbäuchigen Unken aus? Und was unternimmt man, um die kleinen Lurche zu schützen? Um die Gelbbauchunken näher kennen zu lernen, machte sich die Rintelner Naturschutzjugend (NAJU) auf in die Schaumburger Unkenheimat, in den Steinbruch Liekwegen. Bruno Scheel, Initiator des Schaumburger Schutzprojektes und NABU-Projektleiter, ging mit der NAJU auf Entdeckungstour durch den Steinbruch.


Bruno Scheel erläutert die Einzigartigkeit der Bauchmuster jeder Unke. - Foto: Britta Raabe
Bruno Scheel erläutert die Einzigartigkeit der Bauchmuster jeder Unke. - Foto: Britta Raabe

Sofort fiel den jungen Naturschützern auf, dass der Steinbruch nur wenig bewachsen ist und eine Vielzahl an kleinen Pfützen und Tümpeln vorhanden sind. Von Bruno Scheel erfuhren die Kinder, dass die Gelbbauchunken und viele andere Amphibienarten wie etwa die Kreuzkröte diese freien Flächen und die damit verbundene Sonnenbestrahlung benötigen, ebenso wie sogenannte Primärlebensräume, scheinbar karge und leb- wie vegetationslose Gewässer, die ab und zu trocken fallen. Nur durch die gezielte Anlage von vielen Klein- und Kleinstgewässern ist es gelungen, die Gelbbauchunke in Liekwegen vor dem Verschwinden zu bewahren: Mehr noch, seit Beginn der Schutzmaßnahmen hat sich der Restbestand von 34 Unken auf über 1.000 Tiere verdreißigfacht. Wäre der Steinbruch rekultiviert (sprich: verfüllt und aufgeforstet) worden, wären diese Freiflächen und Tümpel verschwunden und somit die Amphibienart, die dort heute dank gezielter Schutzmaßnahmen im Verbund mit etlichen anderen Arten lebt.


Im Tümpel werden noch weitere Gelbbauchunken entdeckt. - Foto: Britta Raabe
Im Tümpel werden noch weitere Gelbbauchunken entdeckt. - Foto: Britta Raabe

Die Exkursion führte die NAJU zu einem kleinen Tümpel, der beim Vorbeigehen scheinbar zu „brodeln“ anfing. „Dies weist auf die Bewegungen der Tiere im Wasser hin“, wie Scheel erläuterte. Mit einem Kescher ausgestattet fing Scheel mit aller Vorsicht und Behutsamkeit einige wenige Unken, die von den NAJUs bestaunt werden konnten. Der NABU-Aktive wurde nicht müde zu betonen, dass die Entnahme von Wildtieren ohne Genehmigung nicht erlaubt ist und nur mit Zustimmung der Unteren Naturschutzbehörde erfolgen darf. Für die NAJU war es etwas Besonders, die Unken aus nächster Nähe bestaunen zu können: „Jede Unke sieht am Bauch anders aus. Das ist vergleichbar mit dem Fingerabdruck beim Menschen“, erklärte Scheel und wies auch auf Erkennungsmerkmale zwischen Männchen und Weibchen hin. „Und die Gelbbauchunken haben herzförmige Pupillen“, wie Scheel ergänzte und damit auch die Mädchen begeisterte, welche die glitschigen Unken zunächst kritisch beäugt hatten. Es blieb jedoch nicht bei den Gelbbauchunken, die von den jungen Naturschützern bestaunt werden konnten: Die NAJUs bekamen auch Kreuz- und Erdkröten zu sehen, die sich bevorzugt unter Steinen versteckten, da es dort auch während der Sonneneinstrahlung immer leicht feucht bleibt.


Auch die Kinder versuchten vorsichtig eine der flinken Unken zu fangen. - Foto: Britta Raabe
Auch die Kinder versuchten vorsichtig eine der flinken Unken zu fangen. - Foto: Britta Raabe

Doch wie kann der Steinbruch von Bewuchs freigehalten werden? „Wird hier immer gemäht?“, diese Frage beantworteten sich die Kinder selbst, als sie die prächtigen Soraya-Pferde entdeckten. Diese Pferdeart, die ursprünglich aus Portugal stammt, ist selten geworden und ihr Bestand ist auf nur noch wenige hundert Exemplare begrenzt: „Die Tiere sind eine Leihgabe des Wisentgeheges in Springe und unsere wichtigen Landschaftpfleger: Sie helfen uns, den Steinbruch von Bewuchs freizuhalten, damit wir diesen Lebensraum auch in Zukunft erhalten können“, wie Scheel erläuterte.