Am Ufer des westlichen Kiesteiches in Hohenrode herrscht reger Betrieb: Aus einer großen LKW-Mulde werden blaue Plastiktonnen und große Metallgitter getragen. Am Wasser sind es fleißige Hände, welche die Tonnen an den Gittern befestigen und einzelne Teile zusammenschrauben.
Fast ein Dutzend Ehrenamtliche des NABU Rinteln haben sich am frühen Samstagmorgen eingefunden, um Brutflöße für die selten gewordenen Flussseeschwalben zu bauen. Die Spezialkonstruktion, die auf dem Seeschwalbenprojekt des NABU Niedersachsen beruht, wurde von der Volkshochschule Aurich angefertigt und bereits im Herbst nach Rinteln geliefert. „Wir sind dankbar, dass die Stadt Rinteln uns bei der Zwischenlagerung unterstützt hat“, so Dr. Nick Büscher, Vorsitzender der NABU-Gruppe Rinteln. Auch bei der weiteren Logistik wurden die Naturschützer unterstützt, da die großen, schweren Materialien nur mittels Lkw transportiert werden konnten.
Nach dem Zusammenbau des Floßes kommt der spannende Moment: Das insgesamt 20 Quadratmeter große Floß wird zu Wasser gelassen, getragen von 32 Fässern, die als Ponton dienen. „Das Floß schwimmt, alles ist gut gegangen“ zeigt sich auch Andreas Ostmeyer zufrieden, der sich hauptsächlich um die Bauausführung gekümmert hat. Im Anschluss legen die Naturschützer ein Vlies aus und greifen zur Schaufel, um groben und feinen Kies auf die schwimmende Plattform zu bringen, welche als Nistunterlage für die Flussseeschwalben dienen. Schubkarre um Schubkarre nimmt die Oberfläche des Floßes allmählich Kontur an. Den Kies spendete das Abbauunternehmen AHE Schaumburger Weserkies den Rintelner Naturschützern. „Flussseeschwalben modellieren den Kies nach ihren Bedürfnissen und schaffen sich Nistmulden – die Flöße bieten den seltenen Vögeln optimale Bedingungen, da sie geschützt vor Beutegreifern ihre Jungen aufziehen können“, so der Diplom-Biologe Thomas Brandt, der die Maßnahmen naturschutzfachlich begleitet. Zusätzlich werden noch Hohlpfannen auf die Kiesfläche gebracht, um den Schwalbenküken Versteckmöglichkeiten zu schaffen.
Mit Draht wird ein Zaun aufgestellt, welcher das gesamte Floß umsäumt. „Damit wird verhindert, dass die Jungtiere ins Wasser fallen. Ohne fremde Hilfe würden die Küken nicht wieder auf das Floß gelangen“, erläutert Brandt, während die ehrenamtlichen Naturschützer den Maschendraht an den Metallstangen befestigen. Für den Bau des zweiten Floßes hatte der Freizeitverein Hohenrode-Strücken dankenswerterweise kurzfristig das vereinseigene Ufergrundstück zur Verfügung gestellt. „Es freut uns, dass wir seitens des Vereins unbürokratische Hilfe erhalten haben“, wie Dr. Büscher betont.
Kaum zu glauben, dass ein Brutfloß mit einem Gewicht von knapp zwei Tonnen Gewicht nötig ist, um als Brutstätten für einen knapp 30 Zentimeter großen Wasservogel zu dienen. „Natürlicherweise brüten Flussseeschwalben auf kleinen, spärlich bewachsenen Kiesbänken dynamischer Flussauen“, wie Brandt erläutert. Der große Einsatz für die kleinen Vögel lohnt sich, da natürliche Lebensräume kaum noch vorhanden sind und zudem störungsfrei sein müssen, da die Tiere sehr scheu sind und empfindlich reagieren. In der Auenlandschaft werden sie jedoch ausreichend Ruhe vorfinden, um erfolgreich zu brüten, sind sich die Naturschützer sicher. Um diese Artenschutzaktion abzuschließen, werden die Brutflöße mit Unterstützung des Rinteln THW-Ortsverbandes in Kürze an die störungsärmsten Stellen gezogen und verankert. „Nach dem Bau des Fischadlerhorstes Ende Februar ist dies nun der nächste Meilenstein in der Auenlandschaft“, erläutert Dr. Büscher. Das Projekt „Artenschutz und Artenschutzerleben wird von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung gefördert.