"Hier blüht es für Bienen, Hummeln & Co."

Naturschützer, Imker und Stadt legen Modellflächen für extensves Mähen fest


Wenn es um die Pflege von Straßenbegleitgrün geht, klaffen die Meinungen weit auseinander: Die einen wollen die Straßenränder möglichst kurz halten, um eine bessere Sicht für die Verkehrsteilnehmer gewähren zu können, die anderen erfreuen sich an bunten Randstreifen, die als Lebens- und Nahrungsraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen von enormer Bedeutung sind. Dass sich beide Ziele vereinbaren lassen, hat sich kürzlich am „Runden Tisch“ zur Optimierung der Mäharbeiten herausgestellt, der auf Initiative des Rintelner Naturschutzbundes einberufen worden war.


Die Gruppe mit den Naturschützern, den Mitarbeitern des Baubetriebshofes der Stadt Rinteln und dem Vorsitzenden des Imkervereins Rinteln bei der Suche nach Modellflächen in Rinteln und Umgebung. - Foto: Kathy Büscher
Die Gruppe mit den Naturschützern, den Mitarbeitern des Baubetriebshofes der Stadt Rinteln und dem Vorsitzenden des Imkervereins Rinteln bei der Suche nach Modellflächen in Rinteln und Umgebung. - Foto: Kathy Büscher

Nun ließen Imkerverein, NABU und Stadt Rinteln den Worten Taten folgen, um geeignete Flächen für ein ökologisch verträgliches Mähen auszuwählen. Diese Flächen sollen als Modellflächen dienen, um der Bevölkerung die bunte Artenvielfalt im wahrsten Sinne des Wortes augenfällig werden zu lassen: „Über Artenvielfalt lediglich zu sprechen, wird keinen Mentalitätswandel herbeiführen, man muss ihn begreifbar machen“, so Nick Büscher, 1. Vorsitzender des NABU Rinteln. Aus diesem Grund traf man sich bei sonnigem Maiwetter zu einer Rundreise zwecks Wegrainschau. Und dies geschieht noch gerade rechtzeitig vor dem Beginn der diesjährigen Mähperiode, die den Baubetriebshof in den kommenden Sommermonaten reichlich fordern wird.


Hummel auf Löwenzahn. - Foto: Kathy Büscher
Hummel auf Löwenzahn. - Foto: Kathy Büscher

Der Stadt Rinteln betont, dass bei den Mäharbeiten die Verkehrssicherheit im Vordergrund steht, was auch für den Imkereiverein und den Naturschutzbund unbestritten ist. Und auch darin sind sich Stadt und Naturschützer einig: Es gibt Flächen, wo es genügt, nur einmal im Jahr zu Mähen, ohne die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu beeinträchtigen, wie sich auf der Wegrainschau gezeigt hat. Für das Mähen der Bankette – damit ist der etwa ein Meter breite Grünstreifen neben der Fahrbahn gemeint – sind die Mitarbeiter des Baubetriebshofes zuständig. Sinnvollerweise waren auch die ‚Praktiker‘ des Bauhofes zugegen, die letzten Endes die Mäharbeiten durchführen. „Die Pflege des Straßenbegleitgrüns wird von Mitte Mai bis Mitte November durchgeführt. Während dieser Zeit sind zwei Maschinen im Dauereinsatz, um eine Strecke von insgesamt 140 Kilometern zu mähen“, wie Martin Welsch vom Rintelner Bauhof erläutert. Und aus diesen 140.000 Metern Mähstrecke galt es nun, die ‚Sahnestücke‘ für den Naturschutz herauszusuchen.


In puncto Artenreichtum wurde seitens des Naturschutzbundes eine Vorauswahl an schützenswerten Flächen vorgenommen: „Viele Straßenränder haben sich mit der Zeit zu hochgedüngten und somit weniger wertvollen Fettwiesen entwickelt, so dass schließlich nur einige wenige Flächen in Frage kommen“, so Eckhard Marx vom NABU. Die Flächen, die als Modellflächen dienen sollen, besitzen ein höheres Artenspektrum und beherbergen seltenere Arten – sozusagen die botanischen ‚Highlights‘ der Wegraine.


So bunt könnte es mal an Rintelns Wegesrändern aussehen. - Foto: Kathy Büscher
So bunt könnte es mal an Rintelns Wegesrändern aussehen. - Foto: Kathy Büscher

Beispielhaft für den Artenreichtum ist eine Fläche am Weseberg (Volksen), die ausgewählt worden ist, um den Menschen die Artenvielfalt der Wegraine aufzuzeigen und erfahrbar zu machen. Hierbei handelt es sich um einen Halbtrockenrasen, der mit einem abwechslungsreichen Bewuchs aufwarten kann, wie Marx erklärt: „Unter Anderem sind hier Frühlingsfingerkraut, zwei Flockenblumenarten, die große Fetthenne, Margeriten, Wiesenbocksbart, Heckenrose und die große Sternmiere zu finden.“ An dieser Stelle sollen Hinweisschilder aufgestellt werden, um auch dem botanisch ungeübten Auge den Sinn des ‚Wildwuchses‘ zu vermitteln, der insbesondere die Imker freuen sollte: „Hier blüht es für Bienen, Hummeln & Co!“ ist weithin sichtbar auf den Schildern zu lesen.


Neben der Reduzierung der Mähintervalle und der Verlagerung des Mähens in den Herbst ist es ein weiterer Verbesserungsvorschlag der Naturschützer, das Schnittgut aus der Fläche zu entfernen. Denn dieses verhindere letztlich die Extensivierung und fördere den Nährstoffeintrag, welcher sich ungünstig auf die Zusammensetzung der Arten auswirke. Zudem würden dadurch zwei- und mehrjährige Pflanzen, die am unteren Teil des Stängels eine Rosette ausbilden, die zur Überwinterung nötig ist, einfach erstickt und verschwänden von der Bildfläche – die Gräser dagegen, die Wurzeln ausbilden, setzten sich durch.


Auch Disteln sind hübsch anzusehen. - Foto: Kathy Büscher
Auch Disteln sind hübsch anzusehen. - Foto: Kathy Büscher

Auch wenn die Naturschützer bei einigen Flächen Abstriche aufgrund der Verkehrssicherheit machen mussten, zeigten sich die Mitarbeiter des Bauhofes kompromissbereit und waren mit einem Großteil der Vorschläge einverstanden, so dass schließlich eine sehenswerte Auswahl an Modellflächen zusammenkommt. Klaus Koschnik, 1. Vorsitzender des Rintelner Imkervereins, resümiert die Zusammenkunft so: „Ich freue mich, dass dieser Termin zustande gekommen ist und wir aufeinander zugehen – das finde ich wirklich klasse!“


Verständnis und Einsicht gab es von allen Seiten – doch um die notwendige Akzeptanz bei den Bürgern zu wecken, damit das Begleitgrün unserer Straßen nicht länger als ‚Unkraut‘ betrachtet wird, ist viel Überzeugungsarbeit nötig. Und auch in Zukunft, so waren sich alle einig, muss für den ‚unscheinbaren‘ Artenreichtum am Wegesrand offensiv geworben werden.